• Anna Mayr,
  • Journalistin
  • Über
  • And so this is quarterlife crisis

    Das Leben steht nicht mehr so fest wie vorher. Es ist eher so ein Giraffenbaby, groß genug, um als Tier durchzugehen, aber so wackelig, dass man es eigentlich die ganze Zeit hinlegen und zudecken möchte, nur das geht natürlich nicht, denn Giraffen liegen nicht, nicht mal zum Schlafen, Giraffen machen alles im Stehen, das habe ich irgendwo gelesen, glaube ich. Deshalb muss das Baby auf den gerade erst geborenen Beinen herumstehen und wackeln und sich dreckig fühlen und die Leute sehen dabei zu und denken: Mussten wir eben alle durch.

    Vielleicht ist das mit den stehenden Giraffen aber auch eine dieser Lügengeschichten, die uns als Kind erzählt werden, dieses Halbwissen, das man als Erwachsener noch mit sich herumträgt, ohne dass es jemals einer korrigieren würde. Ich dachte lange, es gäbe drei Röhren in meinem Hals, eine für Essen, eine für Luft, eine für Wasser. So bis vor zwei, drei Jahren dachte ich das.

    Die Lebensalter 25 und 13 haben eine entscheidende Gemeinsamkeit: Sie fühlen sich von innen deutlich dramatischer an, als sie es von außen betrachtet tatsächlich sind.

    Mit 13 hast du auf einmal einen Körper und bist damit komplett überfordert, aber die Alten reden mit dir nicht darüber; Wie das ist, Beine zu haben, und ein Gesicht, das irgendwie aussieht, sie haben vergessen, dass man erst mit 13 merkt, dass es Haut gibt und Gefühle darunter. Stattdessen sprechen sie über Verhütung und Abitur und sind schon drei Schritte weiter, während du noch immer staunend vor dem Spiegel stehst und nicht glauben kannst, dass du die letzten 12 Jahre auch schon da warst. Mussten wir alle durch, sagen sie.

    Mit 25 hast du auf einmal eine Funktion. In der Gesellschaft. Hups, denkst du. Aber die Alten wollen nicht darüber reden, dass das Konzept Lohnarbeit total abgefahren ist, sie wollen nicht wissen, wie sehr es dich fasziniert, dass die Dinge, die du kannst, einen Wert haben. Sie haben sich daran gewöhnt, morgens aus dem Haus zu gehen und abends Essen einzukaufen von den Stunden, die sie im Büro sitzen. Sie wissen nicht mehr, was das für ein Einschnitt ist, wenn eine Theaterkarte auf einmal 35 statt 7 Euro kostet, obwohl auf deinem Konto gar nicht fünfmal mehr Geld ist. Sie sprechen von Plänen und der Zukunft, während du auf dem Fußboden sitzt zwischen Papier mit Unterschriften drauf und dich wunderst, dass du jetzt tatsächlich alles alleine machen kannst, alles, alles, alles.

    Was willst du denn? Fragen sie.

    Wenn ich träumen dürfte: Eine Wohnung, die groß genug ist, um eine Katze darin zu halten.

    Denke ich. Und bin fast sicher, dass das nicht die richtige Antwort ist.

    Ich vermute, die Probleme werden ab hier nur noch größer. Und genau deshalb ist es ja so lachhaft, diese Krise, in der mein gesamter Freundeskreis mit mir steckt, so unberechtigt, quatschig, weil wir ja wissen, dass es größere Kämpfe gibt als ein paar Rechnungen und Krankenversicherungen; dass es Nazis in Deutschland gibt, so unglaublich viele Nazis, zum Beispiel, oder meine Oma, die ich endlich mal wieder anrufen muss, oder eigentlich alles auf der Welt was ein bisschen mehr Relevanz hat als persönliche Lebensunfähigkeit.

    Wenn ich mit 13 einen Wutanfall hatte oder drei Stunden lang über Quatsch gekichert habe, haben meine Eltern das ignoriert. „Sie ist halt 13″ haben sie gesagt.

    Du bist halt 25, denke ich heute manchmal. Zieh den Kopf aus deinem Arsch und komm klar. Obwohl es wackelt, du stehst doch.

  • Was ich in drei Monaten an der Journalistenschule gelernt habe – in zehn gifs

    1. Streich alles aus deinem Kopf außer Journalismus und atmen.

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    2. Alles, was du bisher über Journalismus gelernt hast, ist falsch.

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    3. Lerne, wie man mit sehr wenig Schlaf trotzdem außerordentlich viel leistet.

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    4. 80 Prozent aller Texte in Zeitungen sind schrecklich geschrieben.

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    5. Adjektive sind böse, schlecht und unerwünscht. Und langweilig. Und doof.

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    6. Vergiss deine Familie. Die Journalistenschule ist jetzt deine Familie.

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    7. Du sollst keine Kontakte außerhalb der Journalistenschule haben. Außnahme: Interviewpartner, Quellen, Kiosk-Verkäufer.

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    8. Wer nichts wird, wird Mediencoach.

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    9. Du hast keine Zeit, Nachrichten zu lesen, weil du lernen musst, wie man Nachrichten schreibt.

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    10. Alle denken, dass du sehr viel kannst, weil du auf einer Journalistenschule bist.

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  • Wie ich durch Banane-Nutella-Pfannkuchen erwachsen wurde. Ein Bildungsroman.

    Es gibt viele Geschichten über meinen Opa, die meisten hat er mir selbst erzählt. Eine ist hängen geblieben. Angeblich hat er mal bei einem Gespräch mit irgendeiner von mir weit entfernten Verwandten gesagt: >Schaff dir ein Umfeld, in dem du leben kannst.< Und am nächsten Tag ist sie von zuhause abgehauen.

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    Hello, beauty.

    Ich habe Kondensmilch mit Wasser gemischt, um Milch zu simulieren. Ich besitze keinen Mixer und keinen Pfannenwender und eine Pfanne eigentlich auch nicht. Nur einen Wok, in dem alles anbrennt. Es ging trotzdem.

    Pfannkuchenbacken ist keine löbliche Leistung. Aber wenn es um Dinge geht, die man mit den Händen macht, bin ich nie über die Reflexionsfähigkeit einer Vierjährigen gewachsen. Was ich selbst erschaffe, finde ich naiv-uneingeschränkt bemerkenswert.

    >Schaff dir ein Umfeld, in dem du leben kannst<, das ist so ein Satz, den ich nicht loswerde. Ein Gedankenohrwurm, ähnlich wie >Was zieh ich an, damit man mich besser sehen kann< (Grundschul-Straßenverkehrstraining) oder >Wherefore art thou, Romeo< (Shakespeare) oder >Mayonnaise ist kein Instrument< (Spongebob). 

    Und jetzt sitze ich hier, alleine, an einem Montagabend um halb 9 in einer krümeligen Küche. Ertränke Bananenstücke in einem Nutella-See, mit einem Brotmesser, das ich aus der Kölner Uni-Mensa geklaut habe. Beobachte die Familie in der Wohnung gegenüber, was unangenehmer geworden ist, seit ich die Mutter neulich ausversehen komplett nackt gesehen habe. Und sehe ein, dass es das ist; dass Pfannkuchen mit Nutella und Banane das Umfeld sind, in dem ich leben kann.